Die heute startende Öffentlichkeitsfahndung der Hamburger Polizei ist ein Angriff auf die gesamte Linke

Einige Gedanken zur Fahndung und Pressekonferenz

Die öffentliche Fahndung ist eine Aufforderung Menschen zu denunzieren – Bürger*innen sollen dabei polizeiliche Tätigkeiten übernehmen und sich an der Hetze gegen den linken Protest während des G20-Gipfels beteiligen. Dem Staat geht es dabei darum, die Deutungshoheit über den Protest für sich zu gewinnen. Nicht die Polizei, die mit ihrem brutalen & anonymen Agieren systematisch Menschen schwer verletze, noch die kriegstreiberische Politik der G20, die Menschen weltweit in Armut, Hunger und Tod treibt, soll den Diskurs um den G20-Gipfel bestimmen. Mit der Öffentlichkeitsfahndung soll der Diskurs auf diejenigen gelenkt werden, die gegen die Politik des G20-Systems auf die Straße gegangen sind. Demonstrierende, denen keine konkrete Straftat zugeordnet wird und werden kann, werden quasi zu Terrorist*innen erklärt, nur, weil sie an einer Demo teilgenommen und ihren Unmut über die G20 auf die Straße gebracht haben . Menschen, die in einen aufgebrochenen Supermarkt gehen und sich nehmen, was sie sich sonst nicht leisten können, werden medial als die schlimmsten Verbrecher dargestellt. Die Jagd ist eröffnet und gegen sie scheint jedes Mittel recht zu sein.

Wir befinden uns in einer Zeit, in der jegliche Verhältnismäßigkeit verloren gegangen ist. Das Feindbild „Links“ rückt immer mehr in die Öffentlichkeit und es wird mit allen Methoden versucht klarzustellen, dass jeglicher Versuch – eine Alternative zum staatlichen System aufzubauen – niedergeschlagen wird. Es wird klar gestellt, dass auf jeglichen Versuch von Widerständigkeit und Nichthinnahme der geltenden Weltordnung mit Gewalt, Verbreitung von Schrecken und Mundtodmachung reagiert wird. Der Staat arbeitet dabei mit einem sehr wirksamen Mittel: der Angst. Es soll allen klar gemacht werden: Wer sich der staatlichen Ordnung und ihrer Polizei in den Weg stellt, kann jederzeit an den öffentlichen Pranger gestellt werden. Die Abschreckung soll so groß sein, dass die Angst in unseren Köpfen uns lähmt und wir gar nicht erst auf die Idee kommen uns zu wehren und uns zu organisieren. Staatliche Repression agiert mit den Mitteln Abschreckung, Vorbeugung, Konfrontation und Vergeltung.

Das Mittel der Repression

Die Öffentlichkeitsfahndung muss unbedingt in den aktuellen politischen Kontext eingebunden werden. Wir können mit ansehen, wie der Staat immer autoritärer wird: Am stattfindenden Rechtsruck (wie zum Beispiel die aktuelle Regierung in Österreich und dem Erstarken der AfD und rechter Ideologien in Deutschland, aber auch die Entwicklung von rechtsradikalen Kräften in ganz Europa). Mit der Militarisierung der Polizei, der Verschärfung der Widerstands- und Landfriedensbruch-Paragrafen und der Aufrechterhaltung des Paragraphen §218 als Angriff aus unsere Selbstbestimmung, mit der Kriminalisierung linker und widerständiger Bewegungen generell und den Ausbau des Sicherheitsapparates. Es wundert nicht, dass es zur Zeit ohne einen breiten gesellschaftlichen Aufschrei möglich ist, eine derartige Öffentlichkeitsfahndung und damit Missachtung jeglicher Grundrechte (wenn mensch sich überhaupt noch auf soetwas berufen kann) zu vollziehen.

Als radikale Linke dürfen wir uns jedoch nicht vom Staat in unserem Handeln und in unserer Haltung einschüchtern lassen. Es hilft nichts sich nun zurückzuziehen und zu warten, bis die Repression „vorbei“ ist. Denn dieser Punkt wird niemals kommen. Und zwar aus folgendem Grund: Repression war, ist und wird immer Teil von linker Politik sein. Darauf zu hoffen, dass sie uns nicht trifft und bis dahin die Füße still zu halten, ist widersprüchlich zu unseren Ideen und Zielen und Teil der Logik des staatlichen Systems und der herrschenden Ordnung. Repression beginnt nicht erst im Gerichtsaal, sondern bereits in unseren Köpfen, wenn sie verhindert uns politisch zu artikulieren. Staatliche Repression arbeitet mit dem Ziel, Bewegungen zu spalten, Isolation und Aussonderung hevorzubringen, politischen Gegner*innen des Systems die politische Motivation und Zielsetzung ihres Handelns abzusprechen, indem sie als Kriminelle diffamiert werden. Wir dürfen unser politisches Handeln nicht von der Angst, die uns der Staat mit seiner Repression machen will, abhängig machen. Lassen wir uns die Formen unseres Protestes niemals von der staatlichen Gewalt vorgeben.

„Über die Diffamierung der politischen Gegner*innen als „Berufsdemonstranten“, „Chaoten“ und „Terroristen“ wird durch die Medien Angst und Stimmung gegen linke außerparlamentarische Aktionsformen gemacht. Die Inhalte der dahinterstehenden Politik werden verschwiegen und die öffentliche Debatte auf die Gewaltfrage reduziert.“ (Aus: Wege durch die Wüste).

Jetzt erst recht! – Freiheit entsteht als kämpfende Bewegung
Die Öffentlichkeitsfahndung ist ein Angriff auf uns alle, auf den wir selbstbewusst politisch reagieren sollten. Als radikale Linke sollten wir uns trotz bestehender Differenzen und Widersprüche auf gar keinen Fall (weiter) spalten und erschrecken lassen. Repression will immer isolieren und uns Angst machen alleine darzustehen. Wir sollten die Parole „Unsere Waffe ist Solidarität“ ernst nehmen und praktische Solidarität zwischen uns auf- und weiter ausbauen. Viele von uns haben viel Energie in den politischen Kampf dieses Jahres gesteckt. Lassen wir es nicht zu, dass Ausgebranntheit, Gewalterfahrungen & Angst vor Repression uns langfristig handlungsunfähig machen. Lasst uns deswegen besonders aufeinander achten und füreinander da sein. Lasst uns uns gegenseitig helfen diesen Zustand zu verlassen, die Angst kollektiv überwinden und gemeinsam wieder an Stärke gewinnen.

Wir sollten nun klarer als zuvor an unseren Ideen festhalten und unsere Ziele & Beweggründe nachvollziehbar formulieren. Wir alle wissen warum wir im Sommer mit Genoss*innen aus der ganzen Welt auf die Straße gegangen sind. Nicht nur, weil wir gegen dieses System auf die Straße gegangen sind, sonder auch weil wir für etwas kämpfen. Wir wollen eine Gesellschaft, in der wir selbstverwaltet zusammenleben, in der wir uns basisdemokratisch auf Werten wir Geschlechterbefreiung und Ökologie, jenseits von Nationalismus und Staat organisieren. Wir glauben, dass es wichtig ist an Utopien festzuhalten, da sie unseren Kämpfen Perspektiven bringt. Lasst uns konkrete Alternativen zu diesem System aufzeigen, diese nach außen tragen und gemeinsam Strategien entwickeln, wie wir diesem Ziel ein Stück näher kommen können. Und lasst uns gegenseitig als Genoss*innen verstehen – auch wenn wir in einigen Dingen unterschiedlicher Meinung sind.

„Es bringt nichts, die Heftigkeit der Repression zu beklagen. Unsere Diskussionen müssen sich darum bemühen, herauszustellen, welche Inhalte wie und warum kriminalisiert werden und wie kurzfristig ein Kräfteverhältnis erreicht werden kann, das die staatliche Repression erschwert. […] Die individuellen Ängste, Ohnmachtsgefühle und die Verunsicherung, die durch staatliche Repression ausgelöst werden (sollen!), müssen in diesem Prozess kollektiv aufgefangen und konstruktiv verändert werden. All dies ist Teil einer offensiven, kollektiven und auch individuellen Entwicklung. All dies lässt die realen Probleme, die Repression verursacht, natürlich nicht verschwinden: Geldstrafe bleibt Geldstrafe und Knast bleibt Knast! Wir wollen und müssen dem System der Repression, dem Versuch der Entpolitisierung und der Vereinzelulng die Entwicklung unserer kollektiven Strukturen und politischen Organisierung – denn nur die ermöglichen uns ein gemeinsames Handeln- entgegenstellen. Dies gilt nicht nur für unseren Umgang mit Repression, sondern grundsätzlich für unseren Kampf um die Aneignung des ganzen Lebens!“ (Aus: Wege durch die Wüste)

In diesem Sinne: Anna und Arthur halten’s Maul! Keine Aussagen und kein Stellen bei den Bullen!Lassen wir sie im Trüben fischen und ihre Ermittlungen ins Leere laufen.

Mut und Kraft an alle widerständigen Menschen!

Lassen wir uns nicht unterkriegen – Der Kampf geht weiter!

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